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Hampi, Hippie Island, Sanapur – ein Paradies im Herzen Südindiens

 

Am Tag des erfolglosen Versuchs, meine Brille in Panjim abzuholen, ging mein non-AC-sleeper-bus nach Hampi (Seit 1986 UNESCO-Weltkulturerbe). Da die Strecke Goa-Hampi in erster Linie von Hippie-Touristen befahren wird und die Straßen auf dieser Strecke unglaublich schlecht sind, werden sie nur von sehr alten Reisebussen befahren, die zudem auch ziemlich dreckig sind. (Die meisten Inder nehmen für diese Strecke den Zug, während Reisegruppen ihre eigenen Reisebusse haben.) Beim Einsteigen stellte sich heraus, dass wir unser Gepäck nicht im Laderaum des Busses verstauen konnten. Ich musste meinen Backpacker also mit in mein Bett nehmen, welches – Gott sei Dank – ein kleines Doppelbett war. (Ich hatte extra den doppelten Preis gezahlt, um es nicht mit einer anderen Person teilen zu müssen.) Die Betten hatten keine Laken, wie ich es von einigen anderen Bussen gewohnt war, und die vorherigen Mitfahrenden – in erster Linie „Hippie“-Touristen – hatten eine Menge Sand hinterlassen. (Viele lagen auch mit Schuhen auf ihren Liegen.)

In Südgoa stiegen zwei Reisende aus Deutschland dazu, die sich eine Schlaffläche teilen mussten und erstmal über den Zustand des Busses klagten. Anstatt mich direkt als Deutsche zu outen, amüsierte ich mich über das Gefluche – ich hatte mich inzwischen in meinen Hüttenschlafsack eingewickelt und hoffte, dass mich dieser vor eventuellen Parasiten schützen möge. Nachdem alle Reisenden eingesammelt worden waren, machten wir einen dreißigminütigen Stopp an einer Raststätte. Dort gesellte ich mich zu einem älteren Ehepaar aus Frankreich, welches Indien mit öffentlichen Bussen bereiste und bei locals unterkam.

Virupaksha Tempel
Virupaksha Tempel

In Hampi angekommen, ließ ich mich und mein Gepäck von einem Rikschafahrer zu meinem Hostel bringen und wartete dort auf meine Freundinnen, die aus Pune anreisten. Zum Frühstücken setzten wir uns in ein gemütliches Restaurant (Mango Tree), wo wir im Laufe des Tages noch zwei weitere Male einkehrten.

Zunächst besichtigten den Virupaksha-Tempel, welcher sich direkt neben dem Zentrum von Hampi befindet und bereits touristisch überlaufen ist. Da Wochenende war, waren wir von Schulklassen und Familien umringt, die uns mehr Beachtung schenkten als dem Tempel. Als touristische Hauptattraktion für viele, wurden wir einige Male nach Selfies gefragt und dienten als Foto Kulisse für Familienfotos (auch ohne gefragt zu werden).

Im Anschluss beschlossen wir, zum Wasserfall um die Ecke zu fahren. Da mir mein Rikschafahrer vom Morgen seine Nummer gegeben hatte, versuchte ich mit ihm einen fairen Preis auszuhandeln. Erst verlangte er 60 Rupien für die Strecke – letztendlich waren es auch nur um die 2km – dann löschte er die Nachricht und erweiterte den Betrag um eine weitere 0. Wir handelten den Preis auf 350 Rupien herunter – Hin und Rückfahrt zusammen – um im Nachhinein festzustellen, dass 60 Rupien für die kurze Strecke der eigentliche Preis gewesen wäre. Uns war zunächst nicht bewusst gewesen, dass wir die Hälfte der Strecke laufen, bzw. kraxeln mussten und dafür einen Guide benötigten. Dieser fing uns direkt am Weg ab, um uns davon zu überzeugen, dass wir den Wasserfall ohne seine Hilfe nicht finden würden. Nachdem wir – fest davon überzeugt, den Weg auch ohne ihn zu finden – erst einmal in die falsche Richtung gelaufen waren, fanden wir uns damit ab, uns begleiten lassen zu müssen. Um uns nicht wieder wie naive Touristen abziehen zu lassen, handelten wir einen halbwegs angemessenen Lohn für den Weg aus, welchen wir ohne seine Hilfe tatsächlich nicht gefunden hätten. Der Wasserfall am Ende der Route war den Aufwand letztendlich nicht wert, – es war eher ein Bächlein, welches unter den wunderschönen Felsen von Hampi langfloss – dafür aber wanderten wir durch eine malerische Landschaft, an der man sich kaum satt sehen konnte. Begleitet wurde die kurze Wanderung allerdings von der schrecklichen Handymusik unseres Guides, welche sich über das Wasserrauschen und das Vogelgezwitscher legte. 

Für den nächsten Tag hatten wir uns ein Hostel auf Hippie Island gebucht, wo wir die anderen zwei Tage unseres Aufenthalts verbringen wollten. Das Wayfarers Hostel hatte ich auf Empfehlung eines Freundes gebucht, der dort aktuell als Voluntär arbeitete. Als wir morgens – beladen mit unserem Gepäck – mit dem Boot auf die andere Seite übersetzten, mussten wir allerdings feststellen, dass sich unser Hostel in Sanapur befand und 12km vom Anleger und dem „Zentrum“ von Hippie Island entfernt war. Nachdem wir uns kurz über diese vermeidbare Situation geärgert hatten, organisierte ich uns für 400 Rupien eine Großraumrikscha, mit der wir unsere Unterkunft innerhalb von 15 Minuten erreichten. Wir fuhren durch eine von Palmen gesäumte Landschaft aus Reisfeldern, die mit den im Hintergrund hervorstechenden Bergen aus riesigen Steinen und Felsen einen surrealen und zugleich wunderschönen Anblick bot. Die kleinen Dörfer und Wohnsiedlungen, welche wir unterwegs durchquerten, versetzten uns direkt um ein paar Jahrhunderte in die Vergangenheit zurück. 

Sanapur Lake
Sanapur Lake

Nachdem wir im Hostel eingecheckt und zu Mittag gegessen hatten, entschieden wir uns, mit einer Rikscha zum Sanapur Lake zu fahren. Dort setzten wir in einer runden Bootsschale zu einer kleinen Badestelle über, wo wir in dem sauberen Wasser der Talsperre schwimmen gehen konnten.

Bevor die Sonne unter ging, kletterten wir auf einen Sunsetpoint neben unserem Hostel, von wo wir über die wunderschöne Landschaft blicken konnten und die Farbenpracht des Sonnenuntergangs genossen. Nach dem Abendbrot fuhren wir mit dem Besitzer vom Hostel zum Sternegucken zurück an den See, an welchem wir bereits den Nachmittag verbracht hatten. Dort feierten wir in den Geburtstag einer meiner Freundinnen rein. Zu unserer Überraschung brachten die Leute von unserem Hostel sogar noch einen provisorischen Kuchen vorbei.

Als meine Freundinnen am nächsten Tag abgereist waren, kletterte ich auf den Sunsetpoint beim Zentrum von Hippie Island, wo sich einige Leute mit ihren Instrumenten niedergelassen hatten und die Abendstimmung mit Musik begleiteten. Parallel wurde auf unserem Felsen gerade eine Reportage über Hampi gedreht,  für welche einige Hippie-Touristen interviewt wurden.

Bevor ich am darauffolgenden Abend mit dem dreckigen sleeper bus  zurück nach Panjim fuhr, um meine Brille abzuholen, wanderte ich noch mit einem Freund aus dem Hostel zum Vitthala Tempel. Diesen hatten wir an unserem ersten Tag in Hampi ausgelassen, obwohl er die eigentliche Hauptattraktion in Hampi ist. Nachdem wir auf dem Gelände viel Zeit mit Fotografieren verbracht hatten, lernten wir einen Reisenden aus Deutschland kennen, mit dem ich bisherigen Reiseerfahrungen austauschte. 

Am Abend ließ ich mich in einer Rikscha zum Treffpunkt vom Pickup Service meines sleeper bus‘ bringen. Dort angekommen, erwartete mich eine vollbeladene Großraumrikscha, in welcher bereits fünf Touristen aus Deutschland saßen. Der Fahrer wurde zwischen zwei wohlgenährten älteren Männern eingequetscht, deren halber Po aus der Rikscha heraushing, während ich mich neben die anderen drei Leute auf die Rückbank zwängen musste. Da niemand so richtig wusste, von wo unser Bus letztendlich abfahren sollte, konnten wir auch nicht ahnen, dass wir nun eine Stunde durch's Nirgendwo fahren würden. Obwohl es recht unbequem war, unterhielten wir uns gut und amüsierten uns über die Situation und den Innenraum der Rikscha: Die Sitze und die Decke waren mit einem Leopardenmuster verkleidet, während verschiedenfarbige Lampen uns von oben herab anleuchteten und dem Fahrer dabei auch die Sicht auf die Straße erschwerten. Als wir um die 10 Minuten an einem Bahnübergang auf einen vorbeifahrenden Zug warten mussten, standen plötzlich einige ältere Männer neben unserer Rikscha, die uns anstarrten, als seien wir gerade mit einem Ufo gelandete Aliens. Letztendlich erreichten wir den Highway, von welchem uns unser Bus scheinbar einsammeln sollte. Um die Mautgebühr zu vermeiden, versuchte unser Fahrer die Rikscha zwischen zwei Betonklötzen durchzumanövrieren und verkalkulierte sich beim Einschätzen des Seitenabstands – es krachte also kurz, bevor wir endlich aussteigen und auf unseren Bus warten konnten.