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Meine Reise von Agonda über Gokarna nach Kerala

 

Nachdem ich meine Brille in Panjim abgeholt hatte, erreichte ich nach einer zweistündigen Taxifahrt Agonda in Südgoa. Ich erblickte direkt einen funktionierenden ATM (Bankautomaten) und herrlich dekorierte Restaurants, in denen auch vegane und glutenfreie Gerichte angeboten wurden. Meine Unterkunft– eine Strohhütte im Fusion-Food, Drinks N Fun, welches von einer Niederländerin und ihrem Mann betrieben wurde – befand sich am südliche Ende der Ortschaft. Dort war der Strand noch ruhiger als der Rest Agondas und ich konnte mich etwas von der vielen Fahrerei und meinem Sonnenstich erholen. Die Ortschaft an sich ist sehr touristisch, aber ruhiger als Nordgoa. In erster Linie trifft man hier jedoch auch auf Yoga-, Aryuveda- und Esoterik-Tourismus. Anstatt mich von den Touri-Angeboten ködern zu lassen, verbrachte ich die Abende damit, die Sonnenuntergänge aus verschiedenen Perspektiven der Bucht zu fotografieren. 

Immernoch etwas benommen und mit einem mulmigen Gefühl im Magen, machte ich mich zwei Tage später auf den Weg nach Gokarna. Gokarna befindet sich südlich von Goa, im Bundesstaat Karnataka und wurde erst vor wenigen Jahren vom Hippie-Tourismus übernommen. Dort hatte ich mir eins der noch wenigen verfügbaren Hostels – es war nämlich Wochenende – heraus gesucht und mir ein Zimmer in einem mixed dorm (gemischtes Mehrbettzimmer) gebucht.

Da es drei mal am Tag einen direkten öffentlichen Bus von Canacona (Ortschaft in Südgoa) nach Gokarna gab, entschied ich mich, diese günstige Reisemöglichkeit zu nutzen und ließ mich eine gute halbe Stunde vor Abfahrt von einem Taxi an der Bushaltestelle absetzen. Während ich wartete, hielten diverse Busse an der Haltestelle, von denen laut der herumstehenden Menschen keiner nach Gokarna fuhr. Eine halbe Stunde nachdem mein Bus hätte abfahren sollen, erfuhr ich, dass mein Bus mir vor der Nase davon gefahren sein musste. Anstatt 3 Stunden auf den nächsten Bus zu warten, stieg ich einen Bus nach Karwar, mit dem ich zumindest ein Drittel der Strecke zurück legen konnte. Dort fuhr direkt ein Bus nach Ankola, wo ich ein weiteres Mal umsteigen musste, um Gokarna zu erreichen. In den Bussen fand ich mich nun eingequetscht und schweißnass – es war unglaublich schwül – zwischen jungen Studierenden, Schüler*innen, einigen Nonnen, Frauen, die ihre Einkäufe vom Markt nach Hause brachten und erstaunlich wenigen Männern wieder. Aufgrund der schlechten Straßen und der nicht vorhandenen Stoßdämpfer wurden wir einige Male von unseren Sitzen in die Luft geschleudert. Einige Mitfahrende entschieden sich deshalb irgendwann dazu, im Stehen weiter zu fahren.

Bei Sonnenuntergang erreichte der Bus endlich mein Ziel und ich ließ mich von einer Rikscha zu meinem abgelegenen Hostel an einem sehr ruhigen Strand bringen. Nachdem ich eingecheckt und meinen Hunger mit einer Portion Pakora gestillt hatte, legte ich mich direkt aufs Ohr und wachte erst am nächsten Morgen vom Schnarchen meiner Zimmergenossen auf. Als einzige Frau im Zimmer fühlte ich mich kurz etwas unwohl, entschied mich dann aber dieses Gefühl zu überwinden, da ich die Idee von Geschlechtertrennung sowieso ablehne. 

Om-beach (Gokarna)
Om-beach (Gokarna)

Im Laufe des Tages ließ ich mich von Leuten aus dem Hostel dazu überreden, gemeinsam am halfmoon beach zu campen, um dort das Meeresleuchten (Phytoplankton) zu erleben. Mit einer Rikscha fuhren wir zunächst zum bekannten Om-beach und erreichten nach einem Trek von ca. 30 Minuten die wunderschöne kleine Bucht vom half moon beach. Den Rest des Abends verbrachten wir im Meer, bis es um uns herum zu leuchten begann und sich auch der Sternenhimmel über uns aufklärte.

Nachdem wir in der Nachbarbucht zu Abend gegessen hatten mussten wir feststellen, dass wir nicht mehr alleine am Strand waren: Eine Gruppe von Jugendlichen hatte sich mit ihrer Musikbox genau dort hingepflanzt, wo wir unser Zelt aufschlagen wollten. Da Wochenende war, kam noch eine weitere Pilgergruppe den Trek hinunter. Diese mussten unseren Strand jedoch nur auf ihrem Weg zum paradise beach  passieren. Als wir endlich allen den Weg zu ihrem eigentlichen Ziel beschrieben hatten, zogen die Menschengruppen weiter und wir konnten in Ruhe unser Lager aufschlagen. 

Den nächsten Morgen starteten wir mit einem Bad im Meer und fuhren anschließend – zu müde für den 30-minütigen Trek – mit einem Boot zurück zum Om beach. Zurück beim Hostel sahen wir plötzlich einige Delfine nur wenige Meter vom Strand im Wasser herum toben – ein wunderbares Abschiedsgeschenk, bevor ich mich wieder auf den Weg machte. Nach einer letzten Erfrischung im Meer ließ ich mir eine Rikscha zum Bahnhof organisieren, von wo am Nachmittag mein Zug nach Udupi abfuhr. (Da ich keinen freien Platz mehr in einem Zug nach Kerala bekommen hatte – in Indien muss man die meisten Zugreisen schon ein bis zwei Monate im Voraus buchen, wenn man sich nicht in die Holzwagenklasse zwängen möchte – hatte ich mich dazu entschieden, die Strecke in zwei Abschnitten zurück zu legen und einen Tag später von Manipal mit dem sleeper bus nach Kollam in Kerala zu fahren.) 

Krishna Tempel in Udupi
Krishna Tempel in Udupi

In Manipal (4 km entfernt von Udupi) hatte ich mir für die kommende Nacht einen Host über Couchsurfing gesucht. Ich bekam mein eigenes Zimmer in seiner WG, welche er mit zwei anderen Freunden teilte. Bevor ich mich todmüde ins Bett fallen ließ, bekam ich zwei Portionen Dosa (Reispfannkuchen) zum Abendbrot, die mir mein Host extra vom Imbiss nebenan besorgte, und wir spielten ein paar Runden UNO zusammen.

Obwohl Sharath und Sharan (meine beiden Hosts) die ganze Nacht feiern waren und kein Auge zugetan hatten, fuhren sie mit mir am nächsten Morgen noch vor Sonnenaufgang zu einer Hillstation (Agumbe hills), von wo wir einen wunderschönen Ausblick über das Umland hatten. Den Rest des Vormittags verbrachte ich schlafend in meinem Zimmer – immer noch müde von den anstrengenden letzten Tagen – und besichtigte am Nachmittag den bekannten Krishna Tempel in Udupi, bevor Sharath mich zur Bushaltestelle brachte. Dort stieg ich in einen schicken sleeper bus, der mich am nächsten Morgen am Bahnhof in Kollam absetzte. Um bis nach Varkala zu kommen, nahm ich für das letzte Stück den Zug und zwängte mich in die Holzwagenklasse (2. Klasse) – ich hatte für die kurze Strecke kein Zugticket im Voraus gebucht. Nach einer knappen halben Stunde kam ich endlich in Varkala an und fuhr vom Bahnhof aus mit einer Rikscha zu meinem Zostel – Zostels sind eine Kette schicker Budget Hostels in Indien (und Nepal), die bei jungen Inder*innen und Backpacker*innen sehr beliebt sind.