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(Mögliche) Ausflüge – don‘t make any plans in India

Natürlich hatte ich mir in den Kopf gesetzt, möglichst viel von Indien zu sehen, wenn ich schon einmal dort bin. Da ich gehört hatte, dass Studieren in Indien recht entspannt sei und die Ansprüche nicht allzu hoch wären, war ich auch davon ausgegangen, jedes zweite Wochenende einen Ausflug machen zu können. Dies war jedoch aus diversen Gründen eher unmöglich. Das größte Problem war das Wetter. Zu Beginn meines Studiums, als noch alles ganz entspannt war, konnte ich keine Ausflüge planen, da es wegen des Monsuns regelmäßig zu starken Regenschauern und Überschwemmungen kam. Als das Wetter dann etwas besser wurde und auch mal mehrere Tage am Stück die Sonne schien, bekamen wir die Details zu unseren Prüfungsleistungen, deren zeitnahe Abgabefristen einen leichten Schock bei mir auslösten. Nun war ich mehr oder weniger gezwungen, viele Wochenenden am Schreibtisch zu verbringen. Wegen der zahlreichen hinduistischen Feiertage und Unterrichtsausfälle aufgrund von Überschwemmungen wurden gelegentlich auch unsere Kurseinheiten und Tests spontan auf einen Samstag verlegt. Planen im Voraus wurde dadurch beinahe unmöglich. Außerdem war es auch ein Problem, mit Freunden im Voraus zu planen, da immer irgendetwas dazwischen kommen konnte, bzw. mir gerne erst einmal zugesagt wurde, um dann kurzfristig abzuspringen. Aufgrund der genannten Umstände meinte meine Dozentin zu mir: Don’t make any plans in India.

 

Rajgad Fort
Rajgad Fort

Trotz dieser für mich etwas ungewohnten Voraussetzungen war es mir möglich, einige Tagesausflüge und „sogar“ zwei Wochenendausflüge (nach Mumbai und nach Goa) zu unternehmen. 

Meinen ersten Ausflug hatte ich mit einem Freund meines Vaters geplant, der über VW für 5 Wochen in Pune war. Wir wollten nach Aurangabad und zum UNESCO Weltkulturerbe, den Ellora und Ajanta Caves fahren und hatten auch schon unsere Unterkunft gebucht. Da ich mir einen Tag zuvor mit meinen eigens zu kurz gekochten Linsen den Magen verdorben hatte und nicht in der Lage war, mich aus dem Bett zu bewegen, mussten wir den Ausflug jedoch kurzfristig canceln. Stattdessen wanderten wir zwei Tage später gemeinsam zum Rajgad Fort, wo wir die unglaublich schöne grüne Landschaft von Maharashtra bewunderten. Den Ausflug nach Aurangabad musste ich später drei weitere Male verschieben, bis ich es letztendlich aufgab und mich auf die Planung von weniger umständlichen Ausflüge konzentrierte – vielleicht hätte mir der Touristenansturm und die vielen Selfie-Anfragen dort eh die Laune verdorben…

[Als weiße Menschen aus Europa wurden meine Freundinnen und ich regelmäßig nach Selfies gefragt, insbesondere an touristischen oder anderen überfüllten Orten. Dies rührt nicht nur daher, dass wir als exotisch wahrgenommen werden, sondern beruht vor allem auf der Tatsache, dass Weiß-sein für viele Menschen in Indien ein Statussymbol ist. Ein Selfie mit einer weißen Person - egal welches Geschlecht - ist somit für einige auch eine Art Statussymbol und wird meist direkt bei social media gepostet. Der Glaube an eine "weiße Überlegenheit" (white supremacy) hat sich durch die Herrschaft der Briten über Indien etabliert und ist für den offenen Rassismus im Land mit verantwortlich.]

 

Über die Couchsurfing-Plattform hatte ich einen Couchsurfer aus Goa kennen gelernt, der im Osho Resort als Praktikant Massage- und Meditationskurse gibt, in Pune ein Auto hat und mir und meinen Freund:innen anbot, gemeinsame Ausflüge zu unternehmen. Mit zwei deutschen Praktikant:innen vom Springer Nature Verlag (nicht Axel Springer!) besichtigten wir bei leichtem Regen das Sinhagad Fort im Süden von Pune und fuhren anschließend zum Zen Spring Resort bei Mulshi, einem abseits gelegenen Camping-Platz westlich von Pune, der früher zu Osho gehörte. Nebendran gibt es einen kleinen Wasserfall und eine abenteuerliche Hängebrücke, die über einen Hang führt. Wenn die Regenzeit vorbei ist, kann man im Zen Spring Resort zelten, oder in kleinen Hütten übernachten und Lagerfeuer machen. Als wir dort waren regnete es natürlich, aber wir konnten uns trotzdem während einer Regenpause die Umgebung anschauen und dort Mittagessen.

 

Gemeinsam mit einer anderen Couchsurferin fuhren wir eine Woche später nach Lonavala, einem bekannten Ort nördlich von Pune. Dort besichtigten wir die Karla Cave und entschieden uns zum Lohagad Fort zu wandern. Natürlich gerieten wir auf den ersten 100 Metern in einen starken Regenschauer. Da wir dieses Wetter schon gewohnt waren, ließen wir uns jedoch nicht einschüchtern und schafften es bis zum Fort. Auf dem Weg dahin begegneten wir einer Menge kleiner und großer Affen, von denen sich einer bereits den Rucksack eines fahrlässigen Touristen wortwörtlich unter den Nagel gekrallt hatte. Da wir bei unserem Abstieg bereits komplett durchnässt waren, entschieden wir uns gegen eine Besichtigung des Visapur Forts und der Innenstadt – trotzdem war ich zwei Tage später schon zum zweiten Mal während meines Aufenthalts in Indien erkältet.

 

Gateway of India
Gateway of India

Für ein Wochenende fuhr ich mit dem Zug nach Mumbai, wo ich meinen Couchsurfing Host besuchte, der mich die erste Nacht in Indien spontan beherbergt hatte, und mich mit zwei weiteren sympathischen Menschen über die Couchsurfing Plattform verabredete. Nach einer kurzen Sightseeing Tour durch Südmumbai zum Gateway of India, dem Taj Mahal Hotel und dem Hauptbahnhof Chhatrapati Shivaji Terminus, der als UNESCO-Weltkulturerbe bekannt ist, genossen wir vom Café Bayview den Ausblick über die Bucht vor Mumbai. Einen anderen Abend verbrachte ich an der Uferpromenade in Bandra, wo man beinahe ungestört auf den Stufen zum Meer sitzen, den Sonnenuntergang betrachten und die frische Meeresbrise genießen kann. Allgemein ist es in Mumbai genauso sicher wie in Pune. Auch dort hatte ich im Dunkeln keine Bedenken alleine unterwegs zu sein.

Zwischen Mumbai und Pune befindet sich der Matheran, eine Hillstation, wo keine Fahrzeuge fahren dürfen und die Temperaturen im Sommer noch auszuhalten sind. Es gibt eine kleine Bergbahn, mit der man den Rest der Strecke zurück legen kann, wenn man nicht den gesamten Weg wandern möchte. Viele Einheimische verbringen dort auch ihre Flitterwochen. Nachdem ich einige tolle Fotos vom Matheran gesehen hatte, wollte ich natürlich einen Tagesausflug dorthin machen. Da die Regenzeit dieses Jahr jedoch im Oktober immernoch nicht vorbei war, – normalerweise ist sie schon im September vorbei – es in den Hillstations besonders stark regnet und die Bergbahn deshalb auch nicht in Betrieb ist, mussten wir auch diesen Ausflug canceln.

 

Im Süden von Maharashtra befinden sich die bei Touristen beliebten Orte Mahabaleshwa und das kaas Plateau – eine Blumenwiese, die während des Monsuns besonders schön sein soll. Gemeinsam mit einigen Praktikant*innen vom Springer Nature Verlag entschieden wir uns für einen Ausflug zum kaas Plateau. Nach einer abenteuerlichen Busfahrt über holprige und zum Teil unbefestigte Straßen – unser Kleintransporter hatte zudem keine Scheibenwischer – kamen wir bei Regen an einer eher matschigen Wiese an, die aufgrund des vielen Regens dieses Jahr kaum Blumen zu bieten hatte. Da es bereits später Nachmittag war, als wir uns entschieden hatten, noch etwas anderes anzuschauen, schafften wir es auch nicht mehr zum bekannten toseghar Wasserfall in der Nähe des Kaas Plateaus und fuhren stattdessen zu einem anderen, der weniger touristisch und trotzdem spektakulär war.

Die insgesamt 10 stündige Autofahrt hatte sich am Ende also nicht so ganz gelohnt, aber wir hatten einen lustigen Tag zusammen und konnten während der Autofahrt den Ausblick über die wunderschöne grüne Berglandschaft genießen. Der Weg ist das Ziel!